Die geplante Bautätigkeit am St. Galler-Ring 29 ist in zweifacher Hinsicht aussergewöhnlich belastend: Einerseits wird ein Altbau aus dem frühen 20. Jahrhundert kernsaniert, andererseits soll gleichzeitig ein viergeschossiger Anbau in eine bislang offene, zur Erholung genutzte Hoffläche errichtet werden. Diese doppelte Bauaktivität bringt für die unmittelbare Nachbarschaft eine stark verlängerte, lärmintensive und gesundheitlich belastende Bauphase mit sich – mitten in einem eng bebauten Wohnquartier.





rot = hohe Belastung, orange = mittlere Belastung, gelb = niedrige Belastung
Einflusszonen während der Bauphase
Belastungsart | Typische Reichweite * | Wirkung / Quellen | Einflussfaktoren |
---|---|---|---|
Staubbelastung (Fein-/Grobstaub) | Hoch: 0–30 m Mittel: 30–70 m Niedrig: 70–150 m | Rückbau, Aushub, Baumaschinen, Trockenbearbeitung | Windrichtung, Befeuchtung, Gebäudeabstand |
Lärmbelastung (Dauerlärm, Spitzenlärm) | Hoch: 0–50 m Mittel: 50–100 m Niedrig: 100–200 m | Presslufthämmer, Betonmischer, LKW, Maschinen | Reflexion durch Hausfassaden, Tageszeit, Topografie |
Erschütterungen (Vibrationen) | Hoch: 0–20 m Mittel: 20–40 m | Rammen, Bagger, Verdichtung, Tiefergründung | Baugrund, Gebäudealter, Fundamenttyp |
Verkehrsbeeinträch-tigung / Gefährdung | Hoch: 0–50 m (Zufahrten) Mittel: 50–100 m | LKW, Kranwagen, Halteverbote, Engstellen | Sichtachsen, Schulweg, temporäre Umleitungen |
Licht-/Sicht-/Privat-sphärenverlust | Direkt angrenzend: 0–30 m | Baukräne, Gerüste, Bauleuchten, offene Fensterlinien | Fensterhöhe, Gerüstaufbau, Höhe des Neubaus |
Baustellenlogistik / Schmutz & Material-lagerung | Hoch: 0–20 m Mittel: 20–50 m | Container, Materialien, Zäune, Zufahrten | Platzverhältnisse, Strassenbreite, Baustellenplanung |
1. Längere und intensivere Bauzeit
Die Kombination von Altbausanierung und Neubau bedeutet, dass sich die Bauphasen nicht verkürzen, sondern verlängern:
- Rückbau, Aushub, Rohbau und Innenausbau erfolgen über viele Monate hinweg, mit mehrfachen Spitzen in Lärm- und Verkehrsbelastung.
- Baugeräte, Gerüste und Zufahrtszonen belegen den öffentlichen Raum weit über ein Jahr hinaus.
- Durch die engen Verhältnisse müssen viele Arbeitsschritte hintereinander statt parallel erfolgen – was zu einer deutlich verlängerten Baustellenpräsenz führt.
2. Lärmquellen – verstärkt durch den Anbau
Die Baustelle erzeugt über die gesamte Dauer hinweg ein hohes Mass an Umgebungslärm:
- Tiefbau- und Aushubarbeiten direkt angrenzend an bewohnte Häuser,
- Betonbohren, Stahlbearbeitung, Ramm- und Stemmarbeiten über Wochen hinweg,
- Gerüstbau, Kranbetrieb, Verladung von Baumaterialien im engen Innenhof.
Im Zusammenspiel mit schallreflektierenden Altbauten wird der Lärm verstärkt zurückgeworfen – insbesondere in Richtung rückseitiger Wohnungen und Gärten.
3. Staub, Feinstaub und Schmutzbelastung
Baustellenstaub betrifft nicht nur die direkte Sichtbarkeit auf Fenstern und Balkonen – er birgt auch gesundheitliche Risiken:
- Feinstaub (PM10/PM2.5) aus Betonarbeiten, Schleifen und Bohren kann in Wohnungen eindringen, besonders durch ältere, undichte Fenster.
- Grobstaub und Erdpartikel lagern sich auf Balkonen, Pflanzen, Autos und Gartenmöbeln ab.
- Allergene wie Schimmelreste, Bauschutt oder Bodenpilze können beim Aushub freigesetzt werden.
Für Allergiker, Asthmatiker, ältere Menschen und kleine Kinder stellen diese Stoffe eine echte Gefährdung dar.
4. Schadstoffe in alten Baumaterialien – eine oft übersehene Gefahr
Das Gebäude am St. Galler-Ring 29 wurde 1908 erbaut und mehrfach umgebaut. Bei Altbauten dieser Art besteht das Risiko, dass bei früheren Renovationen gesundheitsgefährdende Baustoffe wie Asbest, teerhaltige Dichtstoffe (PAK) oder bleihaltige Farben verwendet wurden.
Bei der geplanten Kernsanierung und dem Rückbau ganzer Gebäudeteile (z. B. Treppenhaus, Estriche, Leitungssysteme) können diese Schadstoffe freigesetzt werden – besonders problematisch in einem dicht bebauten Innenhof.
Eine Freisetzung belasteter Feinstäube kann durch Baustaub auf Balkonen, im Innenraum oder auf Spielplätzen Menschen gefährden, insbesondere Kinder, ältere Personen und Asthmatiker.
Unsere Forderung: Vor Baubeginn muss eine unabhängige Schadstoffprüfung durchgeführt und das Ergebnis öffentlich gemacht werden. Nur so lassen sich Risiken für Gesundheit und Umwelt zuverlässig erkennen und vermeiden.
4. Gesundheitliche Auswirkungen – oft unterschätzt
Die Bauphase hat auch physiologische und psychische Folgen für sensible Bevölkerungsgruppen:
- Asthmaanfälle, Atemwegserkrankungen, Schleimhautreizungen durch erhöhte Staubkonzentration,
- Stress, Schlafstörungen und Kopfschmerzen durch Dauerlärm,
- Konzentrationsstörungen bei Homeoffice und Lernenden,
- Verunsicherung und Angstzustände bei spürbaren Erschütterungen oder plötzlichem Baulärm.
Diese Belastungen wirken sich besonders auf Menschen mit Vorerkrankungen, Kinder und Hochaltrige aus – und sind bei Projekten dieser Grössenordnung nicht vermeidbar, aber reduzierbar.
5. Erschütterungen durch den Anbau
Durch schweres Gerät im Innenhof und enge Arbeitszonen ist mit Vibrationen und Erschütterungen zu rechnen, die:
- Setzungsrisse und Schäden an benachbarten Altbauten verursachen können,
- bei sensiblen Menschen zu körperlichen Reaktionen wie Schwindel, Übelkeit oder Angst führen,
- eine nachträgliche Schadensabklärung komplizieren, wenn keine unabhängige Erschütterungsmessung erfolgt.
6. Baustellenverkehr – verdichtet und gefährlich
Die Anlieferung von Baumaterialien für Sanierung und Neubau führt zu einer Verdoppelung der Fahrten. Dabei entstehen:
- Staus, blockierte Trottoirs, rückwärtsfahrende LKWs in engen Strassen,
- Gefährdung durch ungesicherte Ladezonen in Wohnbereichen,
- Parkplatznot durch Materiallagerung im öffentlichen Raum.
7. Kritischer Punkt: Schulweg durch die Baustelle
Die Baustelle liegt auf dem direkten Weg zu drei Kindergärten. Besonders in den Hauptverkehrszeiten (08:00 und 12:00 Uhr) ist die Situation angespannt:
- eingeschränkte Sicht, durch Gerüste, Container oder parkiertes Baugerät,
- Ablenkung durch Baulärm und eingeschränkte Aufmerksamkeit von Kindern,
- keine baustellenspezifischen Sicherungsmassnahmen für den Schulweg angekündigt.
Unsere Forderungen zur Reduktion der Belastung während der Bauphase
Um die Auswirkungen auf Gesundheit, Sicherheit und Lebensqualität zu begrenzen, fordern wir:
- Transparente Bauetappenplanung mit frühzeitiger Ankündigung lärmintensiver Phasen,
- Verbindliche Arbeitszeiten: werktags nur zwischen 8:00 und 17:00 Uhr, keine Samstagsarbeiten,
- Effektiver Staubschutz: Netze, Befeuchtung, regelmässige Reinigung der Umgebung,
- Unabhängiges Erschütterungs- und Lärmmonitoring mit Messpunkten in angrenzenden Häusern,
- Sicherung der Kindergarten- und Schulwege (z. B. durch Lotsendienste, Sichtschutz und reduzierte Baustellenzufahrtzeiten),
- Lärmpausen während sensibler Zeiten (Mittagsruhe, Schlafzeiten für Kleinkinder),
- Gesundheitsschutz-Kriterien als Teil der Baubewilligung bei mehrmonatigen Bauphasen.
- Verbindliche Schadstoffprüfung vor Baubeginn durch ein unabhängiges Fachunternehmen, insbesondere zur Abklärung möglicher Asbest- oder PAK-Belastung in der bestehenden Bausubstanz