Einführung: Warum ist das Stadtbild wichtig?
Das Stadtbild von Basel ist geprägt durch eine historisch gewachsene Architektur. Besonders in Wohnquartieren wie dem Iseli-Quartier spielt die Erhaltung dieser gewachsenen Struktur eine zentrale Rolle für die Identität des Quartiers.
Die geplante Bebauung am St. Galler-Ring 29 bedroht jedoch diese gewachsene Struktur. Ein massiver Neubau in der bestehenden Baulücke kann das harmonische Zusammenspiel von Höhe, Proportionen und Fassadengestaltung der umgebenden Häuser stark beeinträchtigen.


1. Bedeutung der Architektur für das Quartier
Historische Entwicklung des Quartiers
Der St. Galler-Ring wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als zusammenhängendes Stadtquartier konzipiert. Die meisten Gebäude in dieser Strasse stammen aus der Zeit um 1908, darunter auch das Haus am St. Galler-Ring 29.
Der Architekt Emil Grether, der das Gebäude entworfen hat, war ein bedeutender Vertreter des Basler Jugendstils und hat zahlreiche Bauten in der Stadt gestaltet. Sein Haus an der Delsbergerallee 8 wurde im Januar 2025 unter kantonalen Denkmalschutz gestellt.
Erhaltenswerte Gebäude im Quartier
- St. Galler-Ring 29 ist Teil eines geschlossenen Gebäudeensembles und weist eine typische Architektur der Jahrhundertwende auf.
- St. Galler-Ring 27 ist ein Inventarobjekt, also ein schützenswertes Gebäude, das in seiner heutigen Form zum Stadtbild beiträgt.
- Die umgebenden Häuser entlang der Strasse weisen eine einheitliche Fassadengestaltung auf, die durch ein harmonisches Verhältnis von Fenstern, Dachformen und Gesimsen geprägt ist.


2. Die Stellungnahme der Stadtbildkommission
Die Stadtbildkommission Basel (STBK) hat sich bereits mit dem geplanten Bauvorhaben befasst und Bedenken geäussert. In einer ersten Stellungnahme kritisierte sie, dass:
- Der Neubau nicht in das bestehende Strassenbild passt
- Die Massstäblichkeit des Ensembles nicht gewahrt wird
- Der architektonische Wert des historischen Gebäudes gefährdet wird
Die Kommission betonte, dass jede bauliche Veränderung an einer Eckliegenschaft besondere Rücksicht auf den Strassenraum und das bestehende Stadtbild nehmen muss. Eine geschlossene Bauweise an dieser Stelle könnte die städtebauliche Qualität des Quartiers erheblich beeinträchtigen.


3. Probleme durch die Schliessung der Baulücke
Verlust der städtebaulichen Kopfsituation
Der St. Galler-Ring endet an der Ecke zur Bündnerstrasse mit einer markanten Kopfbebauung, die dem Strassenzug eine klare städtebauliche Identität verleiht.
Das offene Ende der Häuserzeile sorgt dafür, dass die Architektur nicht erdrückend wirkt, sondern den Raum zur Strasse hin öffnet.
Durch die Schliessung der Lücke entsteht jedoch:
- Ein monotoner Block ohne gestalterische Differenzierung
- Ein Verlust der offenen und einladenden Architektur der Strasse
- Eine negative Wirkung auf das Straßenbild, weil das neue Gebäude sich nicht harmonisch in die Umgebung einfügt
Problematische Fassadengestaltung
Die geplante moderne Fassadengestaltung des Neubaus setzt sich stark vom historischen Bestand ab. Während die bestehenden Gebäude durch:
- Kassettenfassaden
- Gesimsverzierungen
- Grosse, vertikal ausgerichtete Fenster
geprägt sind, setzt der geplante Neubau auf eine moderne Flachdacharchitektur mit:
- Überdimensionierten Glasflächen
- Materialien, die sich nicht in das historische Umfeld einfügen
- Fehlender Rücksicht auf die Proportionen der Nachbargebäude
Ein solcher Eingriff könnte dazu führen, dass das Quartier seinen historischen Charakter verliert und damit langfristig an architektonischem Wert einbüsst.
4. Welche Risiken bestehen für das Stadtbild?
Dauerhafte Beeinträchtigung des Quartiers
Wenn das Bauprojekt wie geplant umgesetzt wird, könnte es:
- Eine Fehlentwicklung im Quartier begünstigen: Sobald ein modernes Gebäude eingefügt wurde, könnte dies als Präzedenzfall für weitere Bauprojekte dienen, die den historischen Charakter weiter zerstören.
- Den Charme des Quartiers mindern: Das Ensemble aus Jugendstil- und Gründerzeitarchitektur verleiht dem St. Galler-Ring seine besondere Atmosphäre. Wird dieser zerstört, leidet das gesamte Quartier.
- Den Wert der bestehenden Gebäude mindern: Historische Architektur wird in Basel besonders geschätzt. Veränderungen, die das Stadtbild beeinträchtigen, können sich langfristig auf den Immobilienwert auswirken.
Ästhetische und soziale Auswirkungen
Neben der ästhetischen Veränderung kann der Neubau auch das soziale Gefüge im Quartier beeinflussen.
- Höhere Mietpreise für Neubauten könnten zu Verdrängung bestehender Mietparteien führen.
- Die Einführung von hochpreisigem Wohnraum könnte die soziale Durchmischung im Quartier verändern.
- Die Bauweise des Neubaus könnte langfristig den Charakter des Viertels prägen, indem sie moderne Architektur in ein sonst historisches Stadtbild einfügt.
5. Forderungen zum Erhalt des Stadtbilds
Angesichts dieser erheblichen Bedenken fordern wir:
- Die sorgfältige Prüfung der Stadtbildkommission in Bezug auf die architektonische Integration des Neubaus.
- Eine Beibehaltung der historischen Fassadenstruktur mit massstäblicher Architektur.
- Den Erhalt der offenen städtebaulichen Situation an der Ecke St. Galler-Ring / Bündnerstrasse.
- Die Durchführung eines unabhängigen Gutachtens zur Verträglichkeit des Neubaus mit dem bestehenden Stadtbild.